Lieber Professor Dr. Knop, mittlerweile sind Sie seit mehr als einem Jahr Leiter der Medizinischen Klinik 5 am Klinikum Nürnberg. Haben Sie sich schon richtig eingelebt oder gibt es immer noch etwas am Klinikum, das Sie neu entdecken?
Beides! Ich bin inzwischen „angekommen“. Ich weiß, wie man die einzelnen Stationen findet – bei dem achteckigen Grundriss von Haus 12 anfangs nicht trivial – und wo es Kaffee gibt. Andererseits lerne ich bedingt durch die pure Größe etliche Kolleginnen und Kollegen erst nach und nach gut kennen und entdecke Potenzial, wo es sich lohnt, genau hinzusehen.
Wie haben Sie das erste Jahr im Klinikum Nürnberg erlebt?
Charakterisiert durch einen unglaublich stimulierenden „Spirit“. Alle sind an der Weiterentwicklung des Ganzen interessiert und es gibt keine Neiddebatte. Ich treffe auf viel Neugierde und erfahre substanzielle Unterstützung!
Haben Sie bereits Veränderungen angestoßen?
Ich hoffe, dass man das von außen so empfindet! Ich versuche, sehr präsent zu sein und nehme ganz bewusst auch auf das „operative Geschäft“ Einfluss. Wir gehören seit dem Spätherbst letzten Jahres zu den ausgesuchten Einrichtungen in unserem Land, die die „CAR-T-Zelltherapie“ anbieten können. Mittlerweile haben wir fünf Patientinnen und Patienten behandelt! Ich konnte vier Härtefallprogramme für noch nicht zugelassene Medikamente bei uns aktivieren, um Patientinnen und Patienten Behandlungsangebote zu machen, die ansonsten am berühmten „Ende der Fahnenstange…“ angekommen wären. Zwei dieser Substanzen wurden in Nürnberg deutschlandweit das erste Mal appliziert.
Zudem haben wir unser diagnostisches Angebot erweitert, z. B. durch den Kauf eines neuen Labor-Analysegeräts. Und: Es ist gelungen, zwei Kolleginnen aus meinem ehemaligen Team in Würzburg ans Klinikum Nürnberg zu holen. Außerdem trage ich einmal im Vierteljahr bei der Selbsthilfegruppe „Multiples Myelom Franken“ vor, einer enorm toll aufgestellten Patientenorganisation.
Ein Großteil Ihrer Zeit in Nürnberg war von der Corona-Pandemie geprägt. Konnten Sie das Klinikum bereits im „Normalbetrieb“ erleben oder hat das Virus nach wie vor Auswirkungen auf Ihre Arbeit?
In den letzten vier Wochen erleben wir etwas mehr Planbarkeit. Es gibt weitaus weniger Testverpflichtungen und die Kapazitäten werden zumindest nicht mehr relevant durch die Pandemielage eingeschränkt.
Eine große Folge der Pandemie ist der Fachkräftemangel in nahezu allen Branchen. Wie ist das bei Ihnen im Klinikum, insbesondere im Bereich der Onkologie und Hämatologie?
Das geht schnell: Der Personalmangel in der Pflege ist leider eklatant.
Kann der Verein hier mit der Finanzierung von Personalkosten, wie er es bereits seit Jahren tut, etwas Positives dazu beitragen, um die Situation zu verbessern?
Im akademischen Bereich ist es deutlich einfacher, tolle Kolleginnen und Kollegen zu gewinnen. Die finanzielle Unterstützung ist Gold wert!
Sie sind in der Krebsforschung sehr aktiv. Geben Sie uns einen Einblick in Ihre Arbeit?
Wir haben in unserem wissenschaftlichen Labor zwei Stellen neu besetzt und können hier spürbar mehr Projekte anschieben, Ergebnisse generieren und Publikationen fertigstellen.
Gerade diese Woche wurde wieder ein Manuskript eingereicht. Ansonsten nutzen wir Kooperationen um zum Beispiel in der genetischen Diagnostik – meiner Hauptentität, dem multiplen Myelom – Erkenntnisse über Resistenzentwicklungen zu generieren. Ich hoffe, mit meinem Lieblingsprojekt, einer Biomaterial- und Datenbank einen entscheidenden Schritt zu tun.
Welchen Schwerpunkt werden Sie bei Ihrer Arbeit im Jahr 2023 setzen?
Innovationen im Bereich der Patientenversorgung stärken, das Team ausbauen und Kooperationen stärken.
Und was wünschen Sie sich für den Verein für das kommende Jahr?
Wieder mehr Aufmerksamkeit, Unterstützung und stabile Verhältnisse.
Vielen Dank für Ihre Zeit und das nette Gespräch.
Ein weiteres Interview mit Prof. Dr. Knop führte der Journalist (und langjährige Unterstützer von „Hilfe für Krebskranke e.V.“) Leo Loy für seinen Blog Pressebüro Nürnberg.